Bischofswiesen – Die zunehmenden Berichte über Wolfsangriffe auf Weiden und vereinzelte Bärensichtungen in der Region haben die Diskussion über den Umgang mit diesen Raubtieren weiter angeheizt. Im Vorfeld der Europawahl lud die Junge Union (JU) im Berchtesgadener Land deshalb ein zu einer Besichtigung des Schafhalterbetriebs von Matthias Aschauer und einer anschließenden Diskussionsrunde im Brenner Bräu in Bischofswiesen.
Zahlreiche Interessierte, auch über die Region hinaus, waren nach Bischofswiesen gekommen, um über ihre Sorgen und Erfahrungen mit Wolf und Bär zu berichten und zu diskutieren. Als Experten stellten sich Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber und der aussichtsreiche CSU-Europakandidat Stefan Köhler, der auch Bezirkspräsident des Bauernverbandes Unterfranken ist, der Diskussion. Dabei wurde deutlich, wie relevant das Thema für die Zukunft ist – auch für die JU und CSU.
Gerade im Berchtesgadener Talkessel sichert die kleinstrukturierte Landwirtschaft die Jahrhunderte alte Kulturlandschaft, insbesondere auch durch die Bewirtschaftung von Almen. Durch Wolf und Bär sei diese bedroht, so die Junge Union. Naturschutzverbände setzen sich für einen flächendeckenden Erhaltungszustand der Raubtiere in Deutschland ein, was die Landwirte vor große Probleme stellt. Als zuständige Ministerin fordert Michaela Kaniber seit sieben Jahren eine Absenkung des Schutzstatus des Wolfes. Diese Forderung wird von der IUCN, einer internationalen Gutachterstelle, unterstützt, die aufgrund der stark gewachsenen Wolfspopulation eine Anpassung des Schutzstatus empfiehlt.
Bereits bei der Besichtigung der Schafherde von Matthias Aschauer war deutlich geworden, wie herausfordernd der Schutz von Nutztieren in der Praxis ist. Herkömmliche Schutzmaßnahmen wie Stromzäune sind gegen geschickte und agile Raubtiere wie Wölfe und Bären oft wirkungslos. Diese Tiere überwinden solche Barrieren mühelos, was die Wirksamkeit dieser Schutzvorrichtungen stark in Frage stellt. „Ohnehin ist es in starker Hanglage oft schwierig, wenn nicht gar unmöglich, Weiden wolfsabweisend einzuzäunen“, ergänzte Ministerin Kaniber.
„Wir brauchen ein grenzübergreifendes Monitoring in den Alpenregionen, um die Populationen zu beobachten und angemessene Maßnahmen zu ergreifen“, so Kaniber. Sie hob hervor, dass der Schutz von Weidetieren nicht eindimensional betrachtet werden darf und dass sowohl Brüssel als auch Berlin gefordert sind, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen.
Ebenso berichtete Stefan Köhler von mehreren Wolfsrissen in Unterfranken und der Rhön im vergangenen Jahr. Er zeigte die Möglichkeiten auf, welche die neue Wolfsverordnung der bayerischen Regierung den Weidetierhaltern bietet, und appellierte an Brüssel, aktiv zu werden. Als Europakandidat will er sich mit Nachdruck im Parlament für die Belange der Almbauern einsetzen. „Landwirte benötigen jede Unterstützung, um ihre Weiden sicher zu machen und sich vor Raubtieren zu schützen“, so Köhler.
Die Diskussionsrunde bot den Teilnehmern die Möglichkeit, ihre Anliegen und Erfahrungen zu teilen. Ein zentrales Anliegen war dabei, dass Tierverluste für Landwirte nicht nur finanziell, sondern auch in der Arbeitswirtschaft sowie emotional belastend sind. Der Tierschutz müsse auch die Bedürfnisse der Landwirte berücksichtigen, so die Forderung. Viele Landwirte berichteten von persönlichen Erfahrungen mit Angriffen von Wölfen und Bären auf ihre Tiere und welche ausufernd bürokratischen Hürden zu überwinden waren, um den großen Beutegreifer – Wolf oder Bär – zu bestimmen und das Ergebnis zu veröffentlichen.
Zusätzlich wurde die Problematik des Einsatzes von Herdenschutzhunden angesprochen. Die Landwirte machten deutlich: Zwar können diese Hunde effektiv die Herden verteidigen, doch sei damit auch ein hoher Aufwand und große Risiken verbunden. In Zeiten ohne Aufsicht des Hirten werden selbst Wanderer und Mountainbiker als Bedrohung für die Herde angesehen und angegriffen.
Insgesamt sei klar, so das Fazit der Veranstaltung, dass alle politischen Ebenen gefordert seien, eine nachhaltige und ausgewogene Lösung zu finden, im Besonderen auch die europäische Ebene, auf der am 9. Juni gewählt wird.