18.04.2023

„Wir wollen jedem ein Sterben in Würde und Ruhe ermöglichen“

Berührende Einblicke in die wichtige Arbeit der Hospizbewegung

Mitglieder der Jungen Union aus dem Berchtesgadener Land, Rosenheim und Altötting besichtigten gemeinsam das Chiemseehospiz in Bernau, die einzige derartige Einrichtung zwischen Salzburg und München. Dabei waren auch der ehemalige Landtagspräsident Alois Glück als Vorsitzender des Fördervereins und Altlandrat Georg Grabner, sein designierter Nachfolger, zugegen

Der Vorstand des Hospizes Stefan Scheck und die Hospizleitung Ruth Wiedemann und gaben zunächst einen Überblick über die wichtigsten Daten und Fakten. Das Haus wurde 2020 mitten in der Corona-Pandemie eröffnet und bietet Platz für zehn Bewohner. Träger der Einrichtung sind die Landkreise Berchtesgadener Land, Rosenheim und Traunstein und die Stadt Rosenheim. Alois Glück nannte es bemerkenswert, wie bereitwillig die Kommunen waren, das Hospiz zu unterstützen, das sei nicht überall der Fall und er freue sich, dass dies hier anders gelaufen sei. Die Kreisverwaltungen übernehmen unter anderem das von den Kassen nicht gedeckte Defizit. Grabner berichtete von der Entstehung der Idee und der schwierigen Grundstückssuche, die er noch als Landrat begleiten durfte. „In Bernau konnten wir trotz des etwas ungeeigneten Bodens einen Ort finden, der für alle Landkreise zentral liegt, verkehrsmäßig gut angebunden ist und überdies in einem Wohngebiet wenig Lärmbelästigungen ausgesetzt ist. Wir können uns darüber sehr glücklich schätzen.“

Die Einrichtung sei stets ausgelastet und es gäbe lange Wartelisten, so Ruth Wiedemann. Dies relativiert sich jedoch, wenn man bedenkt, dass es strenge Aufnahmekritierien gibt. Wiedemann erklärt: „Das Chiemseehospiz Bernau bietet nur Platz für Menschen ab 17 Jahren mit unheilbaren Erkrankungen und nur noch geringer Lebenserwartung von wenigen Tagen oder Wochen. Es geht nicht mehr um die Pflege zur Heilung, sondern nur noch um die Linderung der Symptome. Ein Hospiz ist gerade kein Altenheim.“ Entsprechend sei die Aufenthaltsdauer nur kurz, 21 Tage im Schnitt dauert es bis ein Bewohner nach seiner Aufnahme verstirbt. Dabei leben keineswegs nur alte Menschen im Hospiz. „Wenn etwa ein 35-jähriger Familienvater stirbt, das macht einen schon sehr betroffen“, gibt Scheck zu. Doch die tägliche Begegnung mit dem Tod sei auch eine sehr besondere Erfahrung, die einen mit der eigenen Endlichkeit konfrontiert. Daher sei die Arbeit dort sicher auch nicht für jeden geeignet, es gehöre neben Professionalität auch ein gewisses Talent im Umgang mit diesem schwierigen Thema dazu. „Das heißt aber nicht, dass wir hier alle nur die Köpfe hängen lassen, im Gegenteil, das Haus lebt, es wird viel gelacht, gerade auch mit den Bewohnern“, erzählt Wiedemann. Das kann Georg Grabner, selbst ehrenamtlicher Hospizbegleiter, nur unterstreichen: „Das Lachen und die gute Laune sind für Sterbende ganz wichtig, denn es erschwert den Abschied nur, wenn Angehörige schon zu Lebzeiten traurig sind.“

Eine besondere Stütze für das Hospiz ist der von Alois Glück gegründete und geführte Förderverein. Dieser verfügt über die nötigen finanziellen Mittel, um besondere Anschaffungen zu tätigen, die den Bewohnern und Angestellten Annehmlichkeiten ermöglichen, die anderweitig nicht übernommen werden. Glück freut sich, dass sie von zahlreichen Spendern aus der Region unterstützt werden, denn ohne sie wäre vieles davon nicht möglich.

Auch Fragen konnten die JUler loswerden, etwa nach der Verbindung zwischen ehrenamtlicher und professioneller Hospizarbeit. Das Ehrenamt spiele nach wie vor eine wichtige Rolle, so Scheck, denn von dort stamme ja auch die Idee, ein Hospiz für die Region zu schaffen. Es kämen regelmäßig ehrenamtliche Sterbebegleiter in das Haus und auch, wer schon ambulant begleitet wurde, kann dies so weiterführen.

Schließlich führten Wiedemann und Scheck die JUler durch das Haus, ein heller freundlicher Bau in Holzbauweise, der mehr an ein Hotel als an ein Haus für Sterbende erinnert. Es gibt einen Aufenthaltsraum mit angeschlossener Küche, wo täglich frisch gekocht wird. Die Zimmer sind alle mit Pflegebetten und Übernachtungsmöglichkeiten für Angehörige ausgestattet. Die jeweils angeschlossenen Terrassen ermöglichen auch den Aufenthalt an der frischen Luft. Im Raum der Stille besteht für Besucher wie Mitarbeiter die Möglichkeit zum Rückzug, dort wird auch allen Verstorbenen in würdiger Weise gedacht. Der Raum ist bewusst wie die ganze Einrichtung konfessionslos gehalten, doch wurden von allen umliegenden Religionsgemeinschaften Kultgegenstände wie Kreuze, Kippas oder Gebetsteppiche gespendet, um einem jedem Trauer und Gedenken nach seiner Gewohnheit zu ermöglichen. Zum Abschied bedankten sich die Teilnehmer bei der Leitung sowie Alois Glück und Georg Grabner. Stefan Scheck und Ruth Wiedemann bedankten sich ebenfalls für das eher ungewöhnliche Interesse so junger Leute an ihrer Arbeit und hatten auch eine Bitte: „Erzählt bei euch zu Hause unbedingt von unserer Arbeit, denn der Tod braucht einen Platz in unserer Gesellschaft, und wir wollen hier jedem einen würdigen Umgang mit ihm ermöglichen.“



2023-04-18-hospiz-04.jpg
2023-04-18-hospiz-03.jpg
2023-04-18-hospiz-02.jpg
2023-04-18-hospiz-01.jpg
2023-04-18-hospiz-05.jpg