27.02.2019

Mehr "europäische" Offenheit für die deutsche Politik

Beim traditionellen Jahresauftakt der Jungen Union im Landkreis Neumarkt tauschte man sich mit dem scheidenden EU-Abgeordneten Albert Deß aus

Traditionsgemäß läutet die Neumarkter Kreis-JU das politische Jahr mit dem Besuch eines Mandatsträgers ein, um in entspannter Atmosphäre über politische Entwicklungen sowie die innerparteiliche Zusammenarbeit zu diskutieren und persönlichen Anekdoten zu lauschen. Dem aktuellen Anlass entsprechend luden die Nachwuchspolitiker den scheidenden Europaabgeordneten Albert Deß ein. „Wir haben mit Albert Deß einen ebenso geradlinigen, wie streitbaren Politiker zu Gast“, begrüßte Kreisvorsitzender Martin Willjung den langjährigen Politiker aus Röckersbühl, der sich nicht mehr zur Wahl für das Europäische Parlament nominieren hatte lassen.

Bevor aktuelle Entwicklungen und europäische Zukunftsthemen diskutiert wurden, ließ der agrarpolitische Sprecher der EVP-Fraktion es sich nicht nehmen, aus seinem persönlichen Nähkästchen zu plaudern: „Ich habe bereits als JUler die Auffassung vertreten, dass es sich lohnt, für seine Meinungen einzustehen, ganz unabhängig von deren aktueller Popularität.“ Es komme darauf an, klare Inhalte zu verkörpern und sich nicht „durchzulavieren“, riet Deß den Neumarkter Nachwuchspolitikern. Dies gefalle auch in der eigenen Partei nicht immer jedem, spielte er schmunzelnd auf das Parteiausschlussverfahren an, das gegen ihn geführt wurde.

Auf die Nachfrage des JU-Kreisgeschäftsführes Sebastian Koller hin, ob auch er den Eindruck hätte, dass es öffentlichen Diskussionen derzeit an Meinungsdiversität fehle, antwortete Deß beinahe etwas deprimiert: „Inzwischen haben viele Politiker und Medien einen sehr einseitigen Moralkompass in der Gesellschaft etabliert. Wer diesem Bild nicht entspricht, braucht ein hartes Fell. Das sage ich auch als überzeugter Landwirt“, solidarisierte er sich mit seinen Kollegen.

Den Schritt von Bonn und Berlin nach Brüssel und Straßburg hat Deß jedoch nie bereut, denn im Europäischen Parlament werde Demokratie noch richtig gelebt. Die Mehrheiten verschieben sich teilweise nach jeder Abstimmung und die großen Fraktionen lehnen keine Anträge kategorisch ab, weil diese aus anderen Fraktionen kommen. „Diese Offenheit würde auch der deutschen Politik manchmal nicht schaden“, merkte der ehemalige Bundestagsabgeordnete selbstkritisch an.

Besonders freuten sich die anwesenden JUler, dass sich für Deß Nachfolge ein „enger Vertrauter und guter Freund“ gefunden habe. „Natürlich hätten wir wieder gerne einen Neumarkter als EU-Spitzenkandidaten in der Oberpfalz gesehen“, gab Willjung offen zu, „doch mit unserem JU-Bezirksvorsitzenden Christian Doleschal hätten wir es nicht besser treffen können.“ Der Tirschenreuther, der bei der Europawahl Deß‘ aussichtsreichen Platz 5 auf der CSU-Liste einnimmt, steht wie kaum ein anderer für die Erneuerung innerhalb der CSU und kämpft an der Seite von Manfred Weber unermüdlich für ein starkes und geschlossenes Europa. Die Sondersituation bei dieser Europawahl wollte auch Deß noch einmal betont wissen: „Dass mit Manfred Weber zum ersten Mal ein Parlamentarier EU-Kommissionspräsident werden könnte und wir somit die Chance haben, dass ein Bayer das wichtigste Amt Europas bekleidet, ist historisch einmalig. Das müssen wir den Menschen noch deutlicher machen!“, so Deß.

Selbstverständlich wurde beim ersten Treffen der Kreis-JU auch über die anstehenden verbandsinternen Wahlen gesprochen. Die Planungen in den nunmehr fünfzehn Ortsverbänden innerhalb des Neumarkter Kreisverbandes seien beinahe abgeschlossen. Man freute sich, dass sich die Ortsvorstandschaften auch in Bezug auf die Kommunalwahlen 2020 inhaltlich und teilweise personell neu aufstellen: „Wir werden in allen Landkreisgemeinden kräftig mitmischen. Die meisten Gemeinde-, Markt,- und Stadträte haben einen deutlich zu hohen Altersdurchschnitt. Das wollen wir gemeinsam mit der CSU ändern“, gab sich die JU-Kreisvorstandschaft kämpferisch. Auch die Neuwahl des CSU-Kreisvorsitzenden wolle man „nicht nur vom Spielfeldrand beobachten“. Es sei immer gut, wenn man in einer demokratischen Wahl auch eine echte Auswahl habe. Natürlich läge es aber auch in der Natur der Sache, dass man mit manchen Kandidaten besser, mit anderen weniger gut leben könne. Deshalb werde man sich als JU auch am Erneuerungsprozess innerhalb der CSU aktiv beteiligen.